Die Bekenntnisse des Tiefstaplers Dieter Müller

Ranga Yogeshwar: „Mich berührten seine Gewissenhaftigkeit und völlige Fokussierung.“

Ranga Yogeshwar: „Mich berührten seine Gewissenhaftigkeit und völlige Fokussierung.“

Understatement ist das Markenzeichen des Maîtres, doch seine fachliche Exzellenz spricht Bände. Auch deshalb blickt die Welt der feinen Küche am 22. März 2020 nach Düsseldorf, wo die 3-Sterne-Legende Dieter Müller auf Zurheides 11. Gourmet Festival brilliert, das zum zweiten Mal auf der Berliner Allee im Crown stattfindet. In unserer Café-Lounge signierte der Grandseigneur seine Autobiografie, kulinarischer Querschnitt einer bewegten Ära. Was neben kochender Leidenschaft und der Preisgabe bestgehüteter Rezepte den Zündstoff ausmacht? Der sanfte Anarchist entwirft darin ein Sittengemälde der Nachkriegsepoche – angelegt zwischen Licht und Schatten, Idyll und Idiosynkrasie.

Die Luft auf den Genuss-Gipfeln der Küchenelite ist dünn. Die Sterne fallen nicht vom Himmel: Sie wollen erarbeitet werden, Tag um Tag. So geht auch Paul Bocuse eher schmallippig mit Lob um. Das verleiht seinen Worten Sprengkraft: „Dieter Müller hat auf brillante Art und Weise die traditionelle Küche seines Landes wiederbelebt und für den guten Geschmack geöffnet.“ Es gibt immer einen Satz zwischen den Sätzen. Dieser lautet: „Eine bahnbrechende Pionierleistung!“

Im Elfenbeinturm der Haute Cuisine

Er lächelt wie ein Lord und segelt hart am Wind. Fakt ist: Dieter Müller revolutioniert die feine Küche wie kein anderer – auch die Bordküche von Luxus-Yachten wie der MS Marine. Sporadisch entflammt er auch unser „Flaggschiff“ in Düsseldorf-Reisholz: Im Mekka der Kaffee-Geeks, Zurheides renommierter Rösterei, präsentierte er unlängst live sein bewegtes Leben. Während die 3-Sterne-Legende Präsenz zeigte, anfassbar wie nie zuvor, las Kulinarik-Reporter Stefan Quante, branchenweit bekannt als der „Sternen-Kurier“, packend aus dem Oeuvre – mit kongenialem Einsatz von Geist, Gestik, Körper: Jeder Satz saß. So lebendig schillerte die Revue, als wäre man selbst dabei gewesen: bei der Auszeichnung vom Gault Millau unter die 16 Weltbesten, beim Erlangen des dritten Michelin-Sternes, bei der Wahl zum Koch des Jahres und bei kulinarischen Geniestreichen wie der Kreation des “Cappuccino von Curry und Zitronengras”, einer “Crème brulée von der Gänseleber” oder seines “Tonkabohneneis”, allesamt kulinarische Meilensteine. Jede der köstlichen Eingebungen schreibt ein Kapitel Küchengeschichte mit. Offeriert mit Charme, Finesse und Grandesse, denn Dieter Müller ist bekannt für sein ausgleichendes Naturell, das auch übellaunige Gäste nicht erschüttern können – und für seine Nonchalance gegenüber Querulanten.

Learn from the Best – der Starkoch tutort unseren Newcomer Sascha Jörke

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In Teufelsküche: Glanz & Elend der Gastronomie

Jeder Gastwirt kennt das: Ein Gast schießt quer, obwohl er zuvor gewissenhaft umsorgt, mit Akribie bewirtet und mit einem Gaumenfeuerwerk liebevoll dekorierter Menüs hofiert wurde.So geschehen dereinst in den Schweizer Stuben, wo sich ein jüngerer Dieter Müller, bereits von Gault Millau ausgezeichnet, mit einem ungebärdigen Kostverächter konfrontiert sah und diesen mit tadelloser Höflichkeit beschämte: „Wenn jemand den ´Götz von Berlichingen´ zitiert, ist das natürlich auch für mich ein Adrenalinstoß. Hier tut Contenance not, um keinen Eklat zu provozieren. Dem Impuls zu widerstehen, Kränkungen mit gleicher Münze heimzuzahlen, ist eine der Herausforderungen unseres Berufes.“

Zu diesen Herausforderungen zählte damals in Wertheim auch die Persönlichkeit Adalbert Schmitts: Chef, Lebemann und polternder Despot zugleich. Der Angstpegel im Team ist hoch, barsche Einschüchterungen an der Tagesordnung – bis Sous-Koch Hans Stefan Steinheuer unter dem strengen Regiment seine Fingerkuppe im Fleischwolf verliert. Sein Peiniger zeigt sich geläutert, auch wenn das Zugeständnis schroff ausfällt: „Für mich bitte keinen Tatar mehr!“ Spätestens jetzt wird klar: Das Buch ist mehr als eine gefällige Hommage an die feine Küche, sondern bemüht sich um Wahrhaftigkeit. Dazu gehört es auch, ab und an gesellschaftliche Missstände auszuleuchten oder ein wenig an der Fassade zu kratzen. So sind Begegnungen mit Personen der Zeitgeschichte eingeflochten und offenbaren den Widerspruch von Schein und Sein auf dem politischen Parkett.

Inspiration Zurheide Kaffee – Cappuccino von Curry und Zitronengras mit Garnelenspieß

Inspiration Zurheide Kaffee – Cappuccino von Curry und Zitronengras mit Garnelenspieß

„Abgekanzelt“ von Angela Merkel

… wurden Dieter Müller, Alfons Schuhbeck und sein Team in der Komischen Oper Berlin, als sie der damaligen Kanzlerkandidatin vorschlugen, eine Schürze umzubinden, um der Küchen-Crew spielerisch zu assistieren. Merkel, die ihr Wahlvolk sonst gern durch Häuslichkeit und Bodenhaftung beeindruckt, empfand das Ansinnen als despektierlich. Ihre humorlose Replik: „Mein Platz ist nicht in der Küche.“ Bei Linsengemüse zum Müritz-Lamm, dem sie lebhaft zusprach, war der Bann jedoch rasch gebrochen: Ein dreifacher Nachschlag glättete Gemüt und Stirn der heutigen Regierungschefin.
Mit seinem Talent, Klassiker zu modernisieren, erfüllt Dieter Müller eben genau die Erwartungen des Zeitgeistes. Selbst Hausmannskost wie Graupencremesuppe mit geräucherten Schweinebäckchen wird in seinen Händen zum Gaumen-Spektakel. Dafür sorgen mal knackige Gemüsewürfel oder – an Kalbsleber – Pfefferkirschen, Zwiebelconfit und Kartoffel-Zucchini-Küchle. Seine kreativen Ideen entflammten die Haute Cuisine und machen Schule: Heute wird fein aufgeschnittenes Filet auch schon mal in Wildkräutern pochiert und dann mit Morcheln und Kartoffelblini serviert.

Talente anziehen – Talente organisieren

Dieter Müller gilt als Mentor vieler junger Gourmetköche, welche er zum Spiel mit der Konvention inspiriert, zu jener typischen Mischung aus Tradition und Inspiration, durch die sein Oeuvre schon früh in die Alleinstellung avanciert. Dafür scheint er die halbe Welt bereist zu haben. Ob mediterrane, asiatische, französische oder badische Akzente: Seine Offenheit für internationale Facetten und Raffinessen reicht weit über Landesgrenzen hinaus. Trotzdem setzt der Küchen-Kosmopolit lieber eigene Trends: mit jener feinen Prise Anarchie, die so typisch ist für seine Kreationen – oder für die Events von Zurheide.
Text: Claudia Roosen

★★★ Ticket to the Stars! ★★★
Am 2.12.2019 beginnt der Kartenvorverkauf. Save the Date!
https://www.zurheide-feine-kost.de/gourmet-festival